Das Meyer-Optik Trioplan 1:2.8/100 V im Test - Hype oder Top? | Thomas Huntke Fotografie (2024)

Das Meyer-Optik Trioplan 1:2.8/100 V im Test – Hype oder Top?

Thomas Huntke20.02.2018 Objektivtests12

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Alte, analoge Objektive haben in den letzten Jahren einen enormen Beliebheitsschub erfahren. Waren die meisten Altgläser vor zehn Jahren noch für einen Appel und ein Ei auf Flohmärkten und im Internetauktionshaus zu bekommen, sind die Preise innerhalb von wenigen Jahren teilweise durch die Decke gegangen. Der Grund dafür ist zumeist ein charakteristisches Bokeh bei offener Blende, die moderne Objektive in dieser Form überwiegend nicht mehr abliefern. Da sich die meisten dieser Schätzchen auf moderne Kameras adaptieren lassen, ist die Nachfrage derzeit groß.

Eines der beliebtesten Vintage-Linsen ist das 100 mm Trioplan von Meyer-Optik aus Görlitz. Es wurde bereits vor dem zweiten Weltkrieg auf Basis des Cooke-Triplets als Normalobjektiv für Mittelformatkameras entwickelt und ging ab den 1950er Jahren in der DDR in Massenproduktion für Kleinbildkameras. Zwischen 1951 bis 1966 wurde es in drei Versionen hergestellt, mit Anschlüssen für Exakta, M42 und Praktina.

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Das Trioplan 1:2.8/100 V, zweite Nachkriegsversion, hier mit M42 Schraubanschluss.

Der Clou: Das Bokeh

Das Besondere an dieser Linse ist das sogenannte Seifenblasen-Bokeh. Bei Offenblende werden Lichtreflektionen als Kreise mit deutlich hellerem Saum dargestellt, die tatsächlich wie Seifenblasen aussehen. Um diesen Effekt zu erzielen, braucht man allerdings eben genau diese harten und punktförmigen Lichtreflektionen im Hintergrund und dazu noch einen geeigneten Abstand zu den Reflektionen und auch zu dem eigentlichen Motiv im Vordergrund. Unter den richtigen Umständen entstehen so zugegebenermaßen beeindruckende „Seifenblasen“ im Hintergrund, die bei entsprechender Bildgestaltung tatsächlich spektakuläre Fotos hervorbringen können.

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Das Seifenblasen-Bokeh vom Trioplan f2.8/100 V.

Der Nachteil dabei ist allerdings, dass dadurch der Hintergrund zusätzlich zum bildgestaltenden Element wird und damit leider auch mit dem Hauptmotiv konkurriert. Das führt in vielen Fällen dazu, dass der eigentliche Zweck eines „weichen“ Bokehs – nämlich dem, das Hauptmotiv hervortreten zu lassen – wegfällt und das ganze Bild dadurch eine gewisse Unruhe bekommt. Es ist daher gar nicht so einfach, mit dem Trioplan ein wirklich hervorragend gestaltetes Bild zu erschaffen, zumal man den Seifenblasen-Effekt im Sucher auch gar nicht so deutlich sieht, wie nachher auf dem Foto. Das Internet ist daher auch voll von mittelmäßigen Trioplan-Fotos, bei denen man sich am „Soap-Bubble-Effect“ auch irgendwie schnell sattgesehen hat. Somit ist auch dieses Gimmick-Objektiv keine Wunderwaffe und es bleibt wieder mal den Fähigkeiten und dem Talent des Fotografen überlassen, wie das Ergebnis aussieht. Und das ist auch gut so.

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Portrait mit Seifenblasen-Effekt. Wird das Bild hier bereichert oder überfrachtet? Das liegt wohl wie immer im Auge des Betrachters.

Der Test

Auch ich wurde eines Tages auf dieses Objektiv aufmerksam und wurde neugierig darauf, wie es an meiner Canon Vollformat-DSLR performt. So fing ich an, auf die Jagd zu gehen und ergatterte schließlich ein wunderbar erhaltenes Exemplar in der Bucht für um die 400€. Leider mittlerweile ein „günstiger“ Preis, zumal der Zustand wirklich hervorragend war. Zuvor hatte ich schon ein Primotar 3.5/135 mm (schwarze „Zebra“-Version) ausprobiert. Dieses Objektiv von Meyer stammt in etwa aus der gleichen Zeit und hat ein ähnliches Seifenblasen-Bokeh wie das Trioplan – ist aber wesentlich billiger (ca. 70-100€). Meine Tests ergaben bei dem Primotar eine ausgezeichnete Bildschärfe über das gesamte Bild schon bei Offenblende. Damit hatte ich also schon ein perfektes Referenzobjektiv für das Trioplan am Start. Ich begann dann mit beiden Objektiven Testaufnahmen zu machen, sowohl draußen als auch im Heimstudio unter kontrollierten Bedingungen (Stativ, manuelle Scharfstellung im Liveview-Zoom, Spiegelvorauslösung etc.). Darüber hinaus nahm ich noch ein Canon 70-200 f/2.8L II USM dazu, um ein zeitgemäßes Spitzenobjektiv als weitere Referenz ins Spiel zu bringen. Alle folgenden Fotos wurden nicht nachgeschärft und nur so nachbearbeitet, dass die Tonwerte und der Weißabgleich in allen Fotos in etwa gleich sind.

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Outdoor-Portrait an gleicher Stelle, direkt nacheinander aufgenommen.

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Wie erwartet waren die Ergebnisse der verschiedenen Linsen recht unterschiedlich. Zunächst einmal fällt beim Outdoorportrait auf, dass beim Primotar aufgrund der größeren Brennweite das Bokeh noch etwas weicher ist und die „Seifenblasen“ auch etwas anders abgebildet werden. Interessanterweise hebt der Unterschied zwischen Blende 2.8 und 3.5 den Unterschied in der Freistellung von den beiden Objektiven nicht auf, so dass die größere Brennweite hier trotz kleinerer Blende das etwas weichere Bokeh ergibt. Welche Seifenblasen nun „schöner“ sind, ist dabei natürlich Geschmackssache.

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Vergleich der Lichtreflektionen bei Offenblende und Scharfstellung an der Naheinstellgrenze.

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Schärfetest, Ausschnitt aus der Bildmitte.

Der Vergleich der Bildschärfe ergab, dass das Trioplan und das Primotar in der Bildmitte in etwa gleich scharf sind. Das Trioplan hat dabei sogar minimal die Nase vorn. Im direkten Vergleich ist das Canon (bei 100 mm) jedoch noch deutlich schärfer und zeigt damit, dass sich die Technik in den letzten 60 Jahren tatsächlich enorm weiterentwickelt hat. Bei dem Preisunterschied aber eigentlich auch zu erwarten.

Der Blick zum Bildrand eröffnete dann aber eine ganz andere Perspektive: Das Foto vom Trioplan war in allen vier Ecken nicht nur unscharf, sondern regelrecht matschig und verzerrt. Auch das Primotar wies eine leichte Unschärfe auf, hier waren jedoch die Details nicht verzerrt, so dass hier eine Nachschärfung ein gutes Ergebnis bringen kann. Außerordentlich beeindruckend dann die Randschärfe vom Canon, hier gibt es rein gar nichts zu meckern.

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Ausschnitt am Bildrand: untere, rechte Ecke.

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Auch im Outdoorportrait sind die Unterschiede am Bildrand zwischen den beiden Meyer-Objektiven offensichtlich.

Das Ergebnis

Für mich bedeutet der Ausgang meiner Tests, dass der höhere Preis des Trioplans nicht wirklich gerechtfertig ist und man mit dem Primotar nicht nur ein wesentlich günstigeres, sondern auch noch ein optisch wesentlich besseres Objektiv bekommt. Mir persönlich gefällt das weichere Bokeh vom Primotar jedenfalls besser als das vom Trioplan. In der Ausbildung der „Seifenblasen“ hat das Trioplan vielleicht minimal die Nase vorne, der Unterschied ist für mich aber nur marginal.

Ein unscharfer Rand mag zwar bei einigen Motiven, wie z. B. Portraits, von Vorteil sein, letztlich möchte ich aber den Schärfeverlauf meiner Bilder durch die Blendenwahl und die Bildgestaltung selber steuern und mir nicht durch ein minderwertiges Objektiv vorgeben lassen. Darüber hinaus platziert man Motive ja auch oft nicht in der Bildmitte, sondern zum Rand versetzt und dann kann es beim Trioplan mit der Schärfe schon eng werden.

Natürlich ist bei diesen Ausführungen zu beachten, dass insbesonders derart alte Objektive eine gewisse Serienstreuung besitzen und es da draußen wahrscheinlich einige bessere Trioplane als das von mir getestete geben mag. Auch ist zu beachten, dass hier nur bei Offenblende getestet wurde; sobald man die Objektive etwas abblendet, wird die Randschärfe deutlich besser. Letztlich ist das legendäre Bokeh aber nur bei Offenblende vorhanden, schon bei geringer Abblendung verschwinden die Seifenblasen und der ganze Vintage-Zauber ist dahin…

Fazit: Sorry Trioplan, aber du bist raus!

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